Ein Amerikaner in Brüssel

Ein Amerikaner in Brüssel

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Auf einer Reise von Lille nach Verdun – um die Schlachtfelder zu besuchen – hatte ich meine erste Begegnung mit Brüssel. Der Grund für diesen Zwischenstopp mag überraschen: Um von Lille (in Frankreich) nach Verdun (ebenfalls in Frankreich) zu gelangen, schickte mich die französische Bahn – wer hätte es gedacht – über Belgien.

Doch meine Bahnreise wurde noch kurioser. Die Brüsseler haben offenbar die Angewohnheit, jegliche Bahnstation der Stadt mit dem Namen Bruxelles zu versehen. Ich komme aus einem Land, in dem schon die bloße Existenz einer Bahnstation als Wunder gilt. Die Konfrontation mit nicht weniger als fünf Stationen war demnach vollkommen überwältigend. Auch aus dem Anblick der Stationen wurde ich nicht schlau. Jede hatte eine große, imposante Vorhalle, die mir zuzurufen schien: „Ich bin die richtige. Du musst auf alle Fälle hier aussteigen!“ Während ich also überlegte, ob Bruxelles-Chapelle weiter vom Zentrum entfernt ist als Bruxelles-Midi und der Zug bereits in Bruxelles-Centrale einfuhr, nutzte ich die Chance und stieg aus.

Nach dieser unglücklichen Erstbegegnung mit der belgischen Hauptstadt waren die weiteren Erkundungen jedoch sehr vielversprechend.

Brüssel ist nicht nur für seine kulinarischen Werte – Fritten und Bier – bekannt, sondern auch für die scheinbar allumfassende Bürokratie der EU. Selbstverständlich kann eine stilistische Hommage an die Bürokratie nur aus einem grauen Flanellanzug bestehen. Obwohl er schnell fad und anonym wirkt, lässt sich ein grauer Flanellanzug auch mit viel Verve und Eleganz tragen.

Ich empfehle einen geradlinigen Dreiteiler, bestehend aus einer einreihigen Jacke, mit 3-roll-2-Knopfanordnung, einer Weste mit Revers und einer Hose mit Bundfalten und Umschlag. Dazu ein weißes Hemd mit Umschlagmanschetten und zweiseitige Manschettenknöpfe. Zu guter Letzt: Schwarze Oxfords und eine gestreifte, seidene Krawatte, zum Beispiel in Richtung einer Grenadier Guards.

Ich zog weiter, summte einen Song von „Muswell Hillbillies“ (Bonuspunkte, wenn Sie den richtigen Song erraten) und verließ die Betonbauten der EU. Mal abgesehen von diesen Türmen hat Brüssel wirklich schöne Seiten: breite Boulevards und mittelalterliche Stadtteile, die ich mit großer Begeisterung erkundete. Für diese Seite der Stadt empfiehlt sich ein hellerer und leichterer Anzug.

Ich würde einen mittelblauen Zweireiher aus Fresco wählen. Die Jacke hat eine 4x1-Knopfanordnung und endet auf Höhe des Schritts – kein bisschen länger. Entsprechend meiner persönlichen Vorliebe hat die Hose Bundfalten und einen Umschlag. Dazu ein hellblaues Hemd, eine einfarbige, texturierte Krawatte und dunkelbraune Schuhe.

Abschließend ein Outfit, das ich überall tragen würde – nicht nur in Brüssel. In letzter Zeit finde ich zunehmend Gefallen an einem 3-roll-2-Jackett mit gun-club-Muster. In Anbetracht der Wetterlage trage ich es derzeit mit mittelgrauen Flanellhosen und Loafern. Das Jackett ist sehr vielfältig aufgrund der nahezu unerschöpflichen Kombinationsmöglichkeiten. Vielleicht begegnet es Ihnen in einer anderen Stadt wieder – kennen Sie „Wo ist Walter?“

Brüssel-Centrale war übrigens die richtige Station. Ein Erfolg, den ich sogleich zu feiern vermochte, indem ich stadtauswärts in den falschen Zug umstieg.

NWW/YYS/MM/JHS

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